Mobilitätswende: Ziel bleibt – Kurs neu gesetzt
Das Wirtschaftsjahr 2020 stand für die Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) wie für alle Verkehrsunternehmen im HVV im Zeichen der Corona-Pandemie. Mit dem ersten Lockdown im März sanken die Fahrgastzahlen auf rund 30 Prozent des Vorjahresvergleichszeitraums, um nach der Lockerung im Sommer nahezu stetig auf rund 75 Prozent zu klettern.
Die kurzfristige Entscheidung der Stadt, das Verkehrsangebot nicht nur vollständig aufrechtzuerhalten, sondern sogar gezielt zu verstärken, als auch die kurzfristig ergriffenen Maßnahmen der Unternehmen wie der Einsatz von Corona-Hygieneteams, das neue Wegeleitungskonzept, der Einbau von Trennscheiben in allen Bussen und die Maßnahmen zur Durchsetzung der Maskenpflicht haben in der schwierigen Lage eine sichere Mobilität für die Hamburgerinnen und Hamburger garantiert.
Henrik Falk, Vorstandsvorsitzender der HOCHBAHN: „Das Jahr 2020 war eine riesige Herausforderung. Gleichzeitig konnten wir mit den anderen Verkehrsunternehmen im HVV beweisen, dass wir auch in einer solchen Situation die Stadt am Laufen halten. Das haben wir vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im direkten Kundenkontakt zu verdanken. Die Jahrespressekonferenz ist eine willkommene Gelegenheit, im Namen des Vorstandes dafür auch öffentlich Danke zu sagen.“
Die positive Entwicklung der aufwachsenden Fahrgastzahlen im Jahresverlauf wurde durch den zweiten Lockdown im November 2020 erneut unterbrochen. Die Zahl der Fahrgäste sank wieder deutlich. Aber der Rückgang fiel erheblich schwächer aus als im ersten Lockdown. Im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit waren noch rund 50 Prozent Fahrgäste in den HOCHBAHN-Bussen und U-Bahnen unterwegs. Der Wert lag mit 20 Prozentpunkten deutlich über dem Wert des ersten Lockdowns. Insgesamt war die Zahl der Fahrgäste 2020 mit 314 Millionen um ein Drittel niedriger als 2019 (466,76 Millionen). Aktuell liegen die Fahrgastzahlen wieder bei gut 60 Prozent. Das bedeutet, dass wieder deutlich mehr als 700 000 Fahrgäste tagtäglich die Busse und Bahnen der HOCHBAHN nutzen.
Der Einbruch bei den Fahrgastzahlen resultierte 2020 in einem deutlichen Umsatzrückgang für die HOCHBAHN um 14 Prozent auf 458,2 Millionen Euro (2019: 534,3 Millionen Euro). Der bundesweite Rettungsschirm glich die Corona-Verluste des Unternehmens mit 104 Millionen Euro vollständig aus. Das Jahresergebnis des Unternehmens 2020 lag bei -113,4 Millionen Euro. Ohne den Rettungsschirm hätte der Zuschussbetrag der Freien und Hansestadt Hamburg bei 217,4 Millionen Euro gelegen. Zum Vergleich: Der Ausgleichsleistung der Stadt für 2019 betrug 68,8 Millionen Euro.
Anjes Tjarks, Hamburgs Senator für Verkehr und Mobilitätswende und HOCHBAHN-Aufsichtsratsvorsitzender: „Das Jahr 2020 war für den ÖPNV mit großen Herausforderungen verbunden. Die Pandemie hat auch die Hochbahn intensiv bewegt. Mit der weitgehenden Aufrechterhaltung des Leistungsangebots hat sie einen wichtigen Beitrag dafür geleistet, den Menschen in Hamburg sichere und verlässliche Mobilität zu ermöglichen. 2020 war aber auch ein Jahr, das die große Bedeutung des ÖPNV und der Hochbahn für die zukünftige Mobilität der Stadt unterstrichen hat. Denn die Mobilitätswende hat in Hamburg spürbar an Fahrt aufgenommen – und das Rückgrat dieser Mobilitätswende sowie einer mobilen Gesellschaft ist ein gut ausgebautes und zuverlässiges Bus- und Bahnsystem. Deshalb wurde im Dezember 2019 eine weitere Angebotsoffensive gestartet, die 2020 zum Tragen kam. Mit der Angebotsausweitung, den nachhaltigen Investitionen sowie dem Rettungsschirm von Bund und Ländern wurde dem ÖPNV im vergangenen Jahr sehr bewusst der Rücken gestärkt und gezeigt, dass der öffentliche Nahverkehr und die Mobilitätswende in Hamburg einen großen Stellenwert haben. Auch wenn sich der Kurs pandemiebedingt geändert hat, bleibt das Ziel weiterhin fest im Blick: Wir wollen den Hamburg-Takt umsetzen und allen Hamburgerinnen und Hamburgern ein schnell zu erreichendes, nachhaltiges ÖPNV-Angebot machen.“
Henrik Falk: „Natürlich haben wir zum jetzigen Zeitpunkt die Folgen der Corona-Krise noch nicht vollständig überwunden. Klar ist aber, dass der Klimaschutz und damit die Mobilitätswende nichts an Bedeutung und Dringlichkeit verloren haben. Das Ziel, bis 2030 den Hamburg-Takt zu schaffen und unser Unternehmen komplett klimaneutral aufzustellen, verfolgen wir weiter mit klarem Fokus und hohem Engagement. Dafür investieren wir so viel wie noch nie zuvor.“
Investitionsoffensive mit grüner Finanzierung für die Mobilitätswende
Nachdem die Investitionen im Jahr 2020 mit 224,4 Millionen pandemiebedingt hinter denen des Vorjahres (2019: 324,1 Millionen Euro) zurückblieben, wird das Unternehmen in den kommenden Jahren in Rekordhöhe investieren. Allein für das Jahr 2021 sind Investitionen in Höhe von 529,9 Millionen Euro geplant. Das ist eine Steigerung um 140 Prozent. 2022 werden die Investitionen nochmals um 30 Prozent steigen. Die Jahresinvestitionen liegen dann bei mehr als 688 Millionen Euro. Rund die Hälfte der Investitionen dürfte dabei in die Hamburger Wirtschaft fließen. Dies zeigt die Bedeutung der HOCHBAHN auch als regionaler Wirtschaftsfaktor.
Zur Finanzierung ihrer Investitionen hat die HOCHBAHN Anfang des Jahres eine neue, zusätzliche Finanzierungsquelle erschlossen: Als erstes Verkehrsunternehmen in Deutschland emittierte die HOCHBAHN einen Green Bond mit einem Volumen in Höhe von 500 Millionen Euro. Der erfolgreichen Platzierung des Green Bond vorausgegangen war neben einem erstklassigen Finanzrating vor allem eine herausragende Bewertung der Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens.
Helmut König, HOCHBAHN-Vorstand für Finanzen und Nachhaltigkeit: „Die hohen Investitionsanstrengungen in den kommenden Jahren weisen den Kurs in Richtung Hamburg-Takt. Die erfolgreiche Platzierung des Green Bond zeigt, dass die HOCHBAHN äußerst erfolgreich und überprüfbar auf nachhaltiges Wirtschaften und Handeln setzt. Das belohnt nun auch der Kapitalmarkt in Form attraktiver Konditionen.“
Investitionen in Infrastruktur, U-Bahn- und Busflotte
Besonders stark wird die HOCHBAHN in ihre Fahrzeugflotte investieren. Im abgelaufenen Jahr erteilte die HOCHBAHN den Zuschlag für die Beschaffung von bis zu 520 emissionsfreien Bussen für die Jahre 2021 bis 2025. Allein in diesem Jahr werden mehr als 60 emissionsfreie Batteriebusse (darunter 17 E-Gelenkbusse) die Flotte erweitern (Investitionen: 70,8 Millionen Euro), die Anzahl der klimaschonenden Fahrzeuge steigt damit auf 109. Im kommenden Jahr wird die HOCHBAHN weitere 76,2 Millionen Euro investieren und die Flotte auf knapp 200 klimaschonende Fahrzeuge anwachsen lassen. Damit wird dann schon fast ein Fünftel der Gesamtflotte von gut 1 000 Fahrzeugen emissionsfrei angetrieben.
Im U-Bahn-Bereich investiert die HOCHBAHN in diesem Jahr rund 126 Millionen Euro in neue Fahrzeuge. Damit ist ein Meilenstein in der Flottenverjüngung erreicht. Der DT3 ist – bis auf eine Betriebsreserve – ausgemustert und die Hälfte der kompletten Flotte (137 von 273 Fahrzeugen) besteht aktuell aus den hochmodernen DT5-Fahrzeugen. Weitere 26 Fahrzeuge werden bis Ende 2022 geliefert, sodass die DT5-Flotte auf 163 Fahrzeuge ansteigen wird. Im kommenden Jahr ist zudem die Ausschreibung für die nächste Generation geplant: Ab der zweiten Hälfte der 20er Jahre sollen die neuen DT6-Fahrzeuge den seit Anfang der 90er Jahre fahrenden DT4 ersetzen und zudem vollautomatisch auf der neuen U5 fahren.
Die HOCHBAHN investiert auch massiv in die Infrastruktur. Die U-Bahn-Werkstatt Billstedt wurde im Herbst erfolgreich in Betrieb genommen. Der weitere Aufbau der Ladeinfrastruktur für die Batteriebusse auf den Betriebshöfen Alsterdorf, Hummelsbüttel und Langenfelde läuft planmäßig. Die Planungen für den Neubau des Betriebshofes in Meiendorf stehen. Weiterhin plant die HOCHBAHN einen Standort auf der Veddel. Insgesamt entfallen auf die Fahrzeuginfrastruktur der HOCHBAHN in diesem Jahr Investitionen in Höhe von 23,6 Millionen Euro.
Weitere Investitionen fließen in die Großprojekte zur Instandhaltung und Verbesserung der Schieneninfrastruktur. Das aktuelle Projekt für die Sanierung der U3 und den barrierefreien Ausbau der Haltestellen Mönckebergstraße und Rathaus liegt im Kosten- und Zeitplan und soll im Frühjahr 2022 abgeschlossen sein. Im Anschluss startet das Projekt Alstertal auf der U1: Hier werden unter anderem zwei Brücken ausgetauscht und die Haltestellen Hudtwalckerstraße und Alsterdorf barrierefrei ausgebaut.
Im U-Bahn-Netzausbau haben die beiden aktuell laufenden Projekte wesentliche Meilensteine genommen beziehungsweise stehen kurz davor. Der Bau zur Verlängerung der U4 auf die Horner Geest, durch den mehr als 13 000 Hamburgerinnen und Hamburger einen Schnellbahnanschluss erhalten, konnte zum Jahresanfang starten. Beim Projekt U5, das 150 000 Menschen erstmals einen direkten Zugang zur U-Bahn bieten wird, konnte die Linienführung durch die Hamburger Innenstadt festgelegt werden. Beim ersten Abschnitt der neuen U-Bahn-Linie von Bramfeld über Steilshoop und die Sengelmannstraße bis zur City Nord erwartet das Unternehmen in Kürze den Planfeststellungsbeschluss, sodass im Idealfall der Bau Anfang kommenden Jahres beginnen kann. Für beide Projekte sind in diesem Jahr Investitionen in Höhe von 64,7 Millionen Euro vorgesehen. Im kommenden Jahr steigt diese Summe auf 153,9 Millionen Euro, 2023 sogar auf 275 Millionen Euro.
Helmut König: „An den Zahlen wird deutlich, wie massiv wir in die Mobilitätswende investieren. Der Bau neuer U-Bahn-Linien ist kapitalintensiv, aber damit bauen wir auch das neue Rückgrat der innerstädtischen Mobilität für die nächsten Generationen.“
Digitale Services im Hamburg-Takt
Wesentlicher Bestandteil des Hamburg-Taktes ist der Ausbau digitaler Services. Vor fast genau einem Jahr startete das neue Angebot hvv switch, die „digitale Heimat“ des Hamburg-Taktes und damit der Mobilitätswende, maßgeblich initiiert und entwickelt von der HOCHBAHN. Die App bietet einen einfachen Zugriff auf weitere Mobilitätsangebote über den klassischen ÖPNV hinaus (u.a. MOIA und Carsharing) und ein attraktives, schnelles Ticketing. Einen wesentlichen Mehrwert für die Kund*innen brachte auch die Integration von hvv switch in Google Maps mit sich. Sie verbindet das Suchen der Route mit einem komfortablen direkten Absprung zum Ticketing.
Die App wird stetig weiterentwickelt. In diesem Oktober soll im Rahmen des ITS-Weltkongresses in Hamburg mit hvv Any (ehemals Check-in-be-out) ein digitales Ticketing umgesetzt werden, mit dem sich der Fahrgast bei Fahrtbeginn lediglich eincheckt und dann direkt losfahren kann. Die Erfassung von Umstiegen und auch das Auschecken erfolgen automatisch. Am Ende des Tages wird aus der Kombination aller Fahrten die jeweils günstigste Fahrkarte errechnet. Ein weiteres Angebot richtet sich an Unternehmen: Statt eines Dienstwagens kann Beschäftigten ein Mobilitätsbudget für verschiedene Mobilitätsangebote – von Bus und Bahn über Carsharing bis zum Ride-Pooling – digital zur Verfügung gestellt werden, das sie über hvv switch bedarfsgerecht einsetzen können.
Henrik Falk: „Digitale Services passgenau für jeden Bedarf sind nicht nur wichtig, um die Menschen von der Mobilitätswende zu begeistern. Sie sind auch die beste Kundenrückgewinnungsstrategie in der Nach-Corona-Zeit.“